Erich Rammler (1901-1986)
Erich Rammler war einer der bedeutendsten Wissenschaftler auf dem Gebiet der Braunkohlenveredlung – und prägte damit eine zentrale Phase in der Geschichte der TU Bergakademie Freiberg. In einer Zeit, in der Braunkohle als Schlüsselrohstoff für Energieversorgung und Industrie galt, leistete Rammler Pionierarbeit in der Forschung und Prozessentwicklung.
Tätigkeit im Rosin-Rammler-Institut
Von 1928 bis 1936 arbeitete Rammler im Privatinstitut des Paul Rosin in Dresden. In dieser Zeit entstand die bis heute genutzte Rosin-Rammler-Kornverteilungskurve. Als Paul Rosin 1936 emigrierte, übernahm Rammler dessen Institut. Tragischerweise wurde das Institut beim Bombenangriff auf Dresden am 13. Februar 1945 vollständig zerstört, wobei viele Unterlagen und Manuskripte verloren gingen.
Rückkehr nach Freiberg und Professur
Nach einem kurzen Aufenthalt bei seinen Eltern in Bitterfeld kehrte Rammler 1945 an die Bergakademie Freiberg zurück. Dort arbeitete er bis 1948 als Assistent im Institut für Brikettierung unter Karl Kegel. 1949 erhielt er den Ruf zum Professor für Wärmewirtschaft und Brennstofftechnik, und 1951 wurde er Direktor des Instituts für Brikettierung.
Forschung und technische Innovationen
Gemeinsam mit Georg Bilkenroth begann Rammler 1949 die Entwicklung des hüttenfähigen Braunkohlen-Hochtemperaturkokses (BHT-Koks). Die Versuche 1950/51 führten zum erfolgreichen einstufigen Verkokungsverfahren in Vertikalkammeröfen der Großkokerei Lauchhammer. Rammlers Arbeiten zur Brikettierung und thermischen Brennstofftechnik prägten die Verfahrenstechnik jahrzehntelang. Sein Gesamtwerk umfasst über 600 Veröffentlichungen und acht Patente. Die Herstellung von BHT-Koks eröffnete der DDR eine eigenständige Eisenproduktion aus Braunkohle.Nach wissenschaftlichen Stationen in Berlin und Leuna kam Rammler 1952 nach Freiberg, wo er das Institut für Braunkohlenveredlung aufbaute und leitete. Mit dem von ihm mitentwickelten „Rammler-Schulz-Verfahren“ gelang es, Braunkohle zu hochfestem Koks zu verarbeiten – ein Meilenstein für die industrielle Nutzung dieser heimischen Ressource. Diese Forschung war für die DDR von strategischer Bedeutung und wurde mit dem Nationalpreis ausgezeichnet.
Rammlers Leistung
Rammlers Arbeit steht exemplarisch für eine Epoche, in der fossile Energieträger als Fortschrittsmotor galten. Die TU Bergakademie Freiberg war ein zentraler Ort dieser Entwicklungen. Gleichzeitig macht die heutige Diskussion um Klimaschutz, Energiewende und Nachhaltigkeit deutlich, wie sehr sich unser Verständnis von Energie und Ressourcen seitdem verändert hat. Die wissenschaftliche Leistung Erich Rammlers bleibt dennoch bedeutsam – als Ausdruck exzellenter Forschung unter den Bedingungen ihrer Zeit. Sie erinnert daran, dass Wissenschaft stets im historischen Kontext zu betrachten ist: Was gestern Fortschritt bedeutete, fordert uns heute zur Transformation heraus.
