Johann Friedrich Henckel (1678-1744)
Johann Friedrich Henckel war Arzt, Chemiker und Mineraloge des frühen 18. Jahrhunderts. Geboren 1678 in Merseburg, lebte und wirkte er in einer Zeit intensiver naturwissenschaftlicher Entwicklungen, die den Übergang von der Alchemie zur modernen Chemie markierten. Dabei prägte ihn seine Tätigkeit an der Bergakademie Freiberg.
Johann Friedrich Henckel war ab 1712 in Freiberg als Arzt niedergelassen und praktizierte seit 1718 als Land-, seit 1721 auch als Stadt- und seit etwa 1723 als Berg- und Hüttenphysikus. Auf ihn geht die Einrichtung eines Schlackenbades in Halsbrücke zurück. Medizinisch interessierten ihn durch Schwermetalle wie Blei und Arsen ausgelöste Krankheiten.
Bild: Johann Friedrich Henckel (1678–1744)
im Vordergrund – vor seinem chemisch-metallurgischen Laboratorium
in the front – outside his chemical-metallurgical laboratory
Henckels Rolle an der Bergakademie
Henckel wurde 1728 als Lehrer für Chemie, Metallurgie und Mineralogie an die Bergakademie berufen. Damit gehörte er zu den ersten Wissenschaftlern, die an dieser Einrichtung tätig waren. Seine Lehrtätigkeit zeichnete sich durch eine enge Verbindung von theoretischem Wissen und praktischer Anwendung aus, was ideal zum praxisorientierten Profil der Akademie passte. Henckel vertrat die Ansicht, dass chemisches und mineralogisches Wissen für den Bergbau unverzichtbar seien – eine Auffassung, die zur Weiterentwicklung des bergbaulichen Unterrichts maßgeblich beitrug.
Er war ein früher Vertreter des empirischen Denkens und setzte sich dafür ein, chemische Prozesse auf Naturgesetze zurückzuführen, anstatt sie – wie noch häufig üblich – auf mystische oder alchemistische Vorstellungen zu stützen. Damit förderte er eine rationalere, wissenschaftlichere Herangehensweise an die Naturforschung.
Henckels Laboratorium
Sein viel gerühmtes Labor ließ Henckel 1733 errichten. Dort erteilte er chemischen und metallurgischen Unterricht, etwa Andreas Sigismund Marggraf (1709-1782), der den Zuckergehalt der Runkelrübe entdeckte, Michail Wassiljewitsch Lomonossow (1711-1765), der als Student der Marburger Universität zusammen mit Dmitri Iwanowitsch Winogradow (1720-1758) bei Henckel zu Gast war.
Die Szene im Zentrum der Darstellung versinnbildlicht den vermeintlichen Niedergang der chemischen Ausbildung in Freiberg. Der sich aus seinem Grab erhebende Henckel verweist mit seiner linken Hand auf die symbolhafte Darstellung einer Grube, mit seiner rechten auf sein in gleicher Manier dargestelltes Labor und unterstreicht so die Notwendigkeit, das aus der Grube Geförderte chemisch zu analysieren. Ein verzweifelter junger Mann erfährt so von Henckel noch nach dessen Tod Belehrung – et moriendo docebo.
Heute ist von dem ursprünglichen Laborbau, der zu Lampadius‘ Dienstantritt in Freiberg bereits baulich heruntergekommen war, nichts mehr erhalten. Das Titelkupfer des 1747 in Freiberg posthum gedruckten Vorlesungsmanuskriptes gewährt nur vermeintlich einen authentischen Einblick in das Labor. Tatsächlich sind bei derartigen Abbildungen immer die Möglichkeiten künstlerischer Freiheit sowie die symbolhafte Darstellung von Einrichtungen und Gegenständen in einer Interpretation zu bedenken.
Wissenschaftliches Werk
Henckels Wirken fällt in das Zeitalter der Aufklärung, in dem die Wissenschaft zunehmend an Bedeutung gewann und traditionelle Denkweisen in Frage gestellt wurden. In dieser Ära entstanden viele wissenschaftliche Akademien, und das Interesse an Naturwissenschaften wuchs rapide – auch durch die wirtschaftliche Bedeutung des Bergbaus für die sächsische Region.
Die Bergakademie Freiberg war ein Paradebeispiel für diese Entwicklung. Sie vereinte praktische Ausbildung mit wissenschaftlicher Forschung und bildete Generationen von Fachleuten aus, die weltweit tätig wurden. Henckel prägte mit seinem interdisziplinären Ansatz diese frühe Phase der Institution nachhaltig.
Henckels bedeutendstes Werk war die „Pyritologia“, in der er sich mit der Entstehung und Bildung von Erzen und Mineralien beschäftigte. Darin vertrat er die Theorie, dass bestimmte Gesteine und Erze durch natürliche chemische Prozesse entstanden seien – eine damals noch umstrittene, aber zukunftsweisende Idee. Er gilt auch als einer der ersten Gelehrten, die sich mit der Kristallstruktur von Mineralien auseinandersetzten.